Seit einigen Jahren gibt es mit dem Stellwerk60 ein spannendes Projekt im Kölner Stadtteil Nippes, die sogenannte autofreie Siedlung. Die etwa 1.500 Menschen, die hier in 460 Haushalten leben, verzichten dabei zum Großteil komplett auf Autos als Reise- und Transportmittel und greifen stattdessen auf das Fahrrad, Bus und Bahn zurück. Einige Bewohner der Siedlung haben zwar noch ein Auto, dürfen dieses aber nur außerhalb der Siedlung benutzen.
Vor allem das Fahrrad in seinen verschiedenen Varianten ist dann natürlich eine interessante Alternative, gilt es doch als das Synonym für Freiheit, Mobilität und Flexibilität. Im Gegensatz zum Auto benötigen Fahrräder deutlich weniger Platz und können zu Hause in einer Fahrradgarage oder Fahrradbox abgestellt werden. Wer das nicht möchte, stellt das eigene Rad einfach im Keller oder im Treppenhaus ab.
Die größten Vorteile vom Fahrrad:
- keine nervige Parkplatzsuche
- Mit dem Fahrrad bis in die Fußgängerzone
- Man nimmt die Umgebung viel bewusster wahr
- Bewegung gut für den Körper und die Gesundheit
Ursprung und Idee vom autofreien Wohnen
Der Ursprung vom heutigen Wohnen ohne Auto geht in die 70er Jahre zurück, als einige Familien mit einem Auto herausfinden wollten, wie das Leben ohne ist. Daraus entstand die Idee, eine autofreie Siedlung zu erschaffen. Die erste bekannte Siedlung entstand dann in Amsterdam (Westerpark, Fertigstellung 1997), gefolgt von der Siedlung in Wien-Floridsdorf, die 1999 realisiert wurde.
Autofreies Wohnen adressiert vor allem Menschen, welche modern, fortschrittlich und umweltbewusst leben möchten. Autolärm und Stress sollen dabei gegen mehr Grünflächen und einer offenen Kommunikation getauscht werden.
In Deutschland gibt es autofreie Siedlungen in München, Hamburg, Freiburg und Köln, also allesamt in größeren Städten. Dies ist auch notwendig, um bei Bedarf auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen zu können und nicht alleine auf das Fahrrad angewiesen zu sein.
Die autofreie Siedlung Köln Nippes
Die autofreie Siedlung in Köln gilt als die größte in Deutschland und wurde 2013 fertiggestellt. Eine Besonderheit besteht darin, dass alle Mehrfamilienhäuser über eine Tiefgarage mit Fahrradrampen verfügen, damit die Bewohner Ihre Fahrräder und Fahrradzubehör wie Fahrradanhänger unterbringen können. Dabei ist jeder Wohnung eine konkrete Abstellfläche zugewiesen und markiert, damit es keine Unstimmigkeiten zwischen den Anwohnern gibt. Die kleinste Wohnung verfügt dabei über zwei Fahrradplätze, während die größten bis zu fünf Abstellplätze erhalten. Für die Tiefgarage erhielt die Siedlung den Deutschen Fahrradpreis 2013.
Das übergeordnete Ziel der Siedlung ist es, einen Ort ohne Motorlärm zu schaffen und mitten in der Stadt in Ruhe leben zu können. Außerdem soll das nachbarschaftliche Miteinander gefördert werden, in dem Menschen nicht immer aneinander vorbeifahren, ohne miteinander zu reden. Die Straße ist also nicht die mögliche Gefahrenquelle, sondern Spielplatz und Treffpunkt für die Menschen, die hier leben.
Organisiert wird die Siedlung unter anderem durch den Verein Nachbarn60. Unabhängig davon, ob es um gemeinsame Aktionen und Events oder das Verleihen von Gartengeräten und Fahrradzubehör geht, ist der Verein Treffpunkt und Mittelpunkt der Siedlung. Auf regelmäßigen Nachbarschaftssitzungen werden wichtige Punkte besprochen und geklärt.
Nachteile der autofreien Siedlung
Trotz des interessanten Ansatzes scheint es auch ein paar Schwierigkeiten zu geben. So berichtete der Kölner Stadtanzeiger über eine 78-jährige Bewohnerin aus der Siedlung in Nippes, die aus gesundheitlichen Gründen in ein Seniorenheim umziehen musste. Zusätzlich zu unzähligen Möbeln mussten dabei auch um die 50 Kartons umgezogen werden.
Für Umzüge ermöglicht das Ordnungsamt das Befahren der Siedlung für eine Stunde – allerdings nur per Ausnahmegenehmigung. Neben dem erhöhten Aufwand für das Beantragen der Genehmigung scheint vor allem die Dauer nicht angemessen. Denn jeder, der schon mal umgezogen ist, weiß, dass der LKW bei solch einer Menge nicht in einer Stunde beladen ist.
Und so blieben in diesem Fall nur zwei Optionen: Den Umzug in mehreren Etappen machen und jeden Tag eine Stunde in der Siedlung parken oder den LKW außerhalb der Siedlung abstellen und die Möbel schleppen. Obwohl dies eine Strecke von fast 200 Metern ist, gibt es keine Möglichkeit einer weiteren Ausnahmeregelung.
Vor dem Hintergrund, dass sich der LKW den ganzen Tag gar nicht bewegt hätte und damit das Ziel der autofreien Siedlung ja indirekt dennoch erreicht worden wäre, erscheint das Konzept zwar interessant, aber in Ausnahmefällen ein wenig zu unflexibel. Wir sind gespannt, wie sich das autofreie Leben in Zukunft weiterentwickelt.